Georg-Ackermann-Schule

Breuberg/Rai-Breitenbach

„Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg!“ – Die Georg-Ackermann-Schule – eine Schule im Trialog

Im Verwaltungstrakt der GAS hängt eine Plakette mit der Aussage „Wir sind eine Schule im Trialog der Kulturen“. Was bedeutet das?

Der Duden kennt das Wort „Trialog“ nicht, wir alle kennen das Wort „Dialog“, das die Herbert-Quandt-Stiftung zum Trialog erweitert hat. Statt zwei Personen oder Gruppen treten drei miteinander in Kontakt. In unserem Fall sind das Juden, Christen und Muslime. Dazu hat die Stiftung jetzt bereits im zehnten Jahr einen Wettbewerb ausgelobt, den die GAS im Jahre 2009 in Hessen gewonnen hat. Diese Auszeichnung wird nun seit 2011 auch durch die Plakette sichtbar.

Wie kam es dazu? Die Schülerschaft der GAS setzt sich schon seit Jahren aus Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Herkunftsländer und Religionen zusammen. Junge Menschen aus 33 Nationen besuchen die GAS. Welche Chance für einen kulturellen Austausch! Als nun im Schuljahr 2008/2009 die Ausschreibung zum Wettbewerb auf den Tisch der Schule flatterte, stand in Sandbach die Planung für einen Moscheebau der islamischen DITIB- Gemeinde im Raum. Die Gerüchteküche kochte. Thema des Wettbewerbs sollte sein: „Schalom, Frieden, Salam?! Friedens-und Konfliktpotenziale in Judentum, Christentum und Islam“. Eine Gruppe interessierter Lehrerinnen und Lehrer schloss sich zur Arbeitsgemeinschaft Interkulturelles Lernen (AGIL) zusammen, um Ideen für eine Wettbewerbsteilnahme zu sammeln, zu diskutieren und auf die Machbarkeit zu prüfen. Schließlich erstellte man ein Exposé unter dem Titel: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – Entscheidungsprozesse zum Bau einer Moschee in einer Landgemeinde: Kultureller Sprengstoff oder Weg zum friedlichen Miteinander?“ Die Arbeitsgruppe hatte Erfolg und wurde zur Teilnahme am Wettbewerb zugelassen, von der Quandt-Stiftung unterstützt durch ein Startgeld.

Eine intensive Zeit der Arbeit begann. In verschiedenen Klassen wurden unterschiedliche Projekte zum Thema erarbeitet und dokumentiert, u.a. Interviews geführt, in Archiven recherchiert und ein Film gedreht. Was letztlich zum Wettbewerbsgewinn führte, war die Öffnung der Schule nach außen. Das Zitat der Jurybewertung zur Preisverleihung an die GAS aus dem „Odenwälder Echo“ vom 10.10.2009: „Die GAS habe den Trialog weit über die Schule hinaus angeregt, so Schneider (Jurymitglied Jürgen Schneider, Anm. d. Verf.), somit lag der erste Preis für die Jury klar auf der Hand. Die Schule hat sich Partner in der Öffentlichkeit gesucht, wie die städtischen Gremien oder die Bürgerstiftung Breuberg.

Es wurde die jüdische Geschichte Neustadts aufgearbeitet, Schüler übernahmen die Patenschaft an sogenannten Stolpersteinen für zwei ermordete jüdische Familien Neustadts, lieferten Beiträge am Volkstrauertag, zur Gedenktafel für einstige Zwangsarbeiter. Es wurde eine Podiumsdiskussion mit dem Ausländerbeirat der Stadt Breuberg geführt.

Christen besuchten die Moschee in Sandbach, Mitglieder der Islamischen Gemeinde Breuberg kamen in die Kirche, gemeinsam wurden die Gedenkstätten der ehemaligen jüdischen Gemeinde Neustadts besichtigt. Die zuvor unter vorgehaltener Hand geführte, aber brodelnde Diskussion um einen möglichen Moscheeneubau hat Dank des Trialoges eine offene, vertrauenswürdige Basis gefunden. Soviel zur Geschichte der GAS als Schule im Trialog.

Seit 2009 wird dieser Trialog weitergeführt. Es besteht ein enger Kontakt zur islamischen DITIB-Gemeinde in Breuberg mit regem Austausch in Gesprächsrunden, gegenseitigen Besuchen und der jährlich stattfindenden Interkulturellen Wanderung. Die Stolpersteine in Neustadt werden betreut und Beziehungen zu den jüdischen Gemeinden in Darmstadt und Michelstadt gepflegt.

In der neuen Veranstaltungsreihe „Aulagespräche“ der GAS erzählte bisher u.a. die Jüdin Petra Kunik unter der Überschrift „Jüdisches Leben zwischen Halacha und Moderne“, Überlebende der nationalsozialistischen Konzentrationslager und Ghettos berichteten aus ihrem Leben und der türkische Autor Nefvel Cumart hielt eine Lesung.

Die AG Interkulturelles Lernen (AGIL) an der GAS initiierte gemeinsam mit der Stadt Breuberg und deren Ausländerbeauftragten Sibel Cakir zwei Ausstellungsprojekte der Schülerschaft, die in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erzielten. 2012 war dies „Von Istanbul nach Rosenbach – 50 Jahre Gastarbeiter“ und 2014 „Breuberg bunt – Nationalitäten und Kulturen der Stadt“.

Schwerpunktmäßig liegt die Fortführung des Trialogs bei der AG Interkulturelles Lernen, die ihn seit 2008 intensiv pflegt. Neue Projekte sind bereits angedacht.

P.S.: Der Neubau der Moschee konnte aus technischen Gründen noch nicht verwirklicht werden, das Gespräch darüber aber findet in offener Atmosphäre statt.

Text: Annette Herrmann
Logo: Arbeitskreis ‚Interkulturelles Lernen‘ der GAS

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